Michael J Berlin

Fotograf: Städte, Architektur, Werbung

Canon 5 DS R – das Pixelmonster im Test

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Vor einigen Wochen habe ich das Angebot bekommen, eine Canon 5 DS R für einen Tag zum Testen zu benutzen. Als langjähriger zufriedener Canon-Nutzer konnte ich dieses Angebot natürlich nicht abschlagen und habe einen Tag lang in der Stadt und kurz zu Hause im Studio ein paar Testbilder fotografiert. Ohne jeden wissenschaftlichen Anspruch, mit meinen bescheidenen Erfahrungen als Fotograf und im direkten Vergleich mit der Canon 5D Mark II.

Canon 5DS R im Vergleich zu meiner 5D Mark II

Seit fast sieben Jahren ist die Canon 5D Mark II mein ständiger Begleiter und das wichtigste Arbeitsgerät. Leider kann man ja die Anzahl an Auslösungen aus Canon-Kameras nicht einfach auslesen, aber es dürften inzwischen weit über 100.000 gewesen sein. Der grösste Teil meines Portfolios stammt aus dieser Kamera, und diese verrichtet nach wie vor ihren Job. Zu ihrer Zeit war die 5D2 auch ein grosser Sprung nach vorne, mit 21 Megapixeln hat sie die Anforderungen aller großen Agenturen erfüllt, der Vollformat-Sensor bringt eine tolle Bildqualität und sie war die erste DSLR-Kamera im professionellen Bereich mit Video-Funktionen.

Inzwischen hat sich die Technik jedoch weiter entwickelt, und die Ansprüche sind gestiegen. Zwar würde ich bei meiner Hauptkamera heute nicht mehr auf die Video-Funktion achten (dazu habe ich mir übrigens gerade eine Panasonic Lumix FZ1000 gekauft), aber mich haben zwei Punkte schon lange und in zunehmendem Maße gestört: Der eher bescheidene Autofokus, der vor allem bei schlechteren Lichtbedingungen langsam und unzuverlässig ist, und die eher schwache Leistung bei höheren ISO-Einstellungen.

Also habe ich mir im Rahmen der verfügbaren Zeit ein paar Motive gesucht, bei denen ich vor allem diese Elemente bei der neuen Kamera testen konnte. Zunächst aber wollte ich natürlich auch wissen, was 50 Megapixel in der Praxis eigentlich bedeuten. Dazu habe ich mir zunächst ein etwas weiter entferntes und sehr detailreiches Motiv gesucht, den Funkturm im Westen Berlins.

Vergleichsbilder Canon 5DSR und 5D Mark II mit Canon 40mm f/2.8

Vergleichsbilder Canon 5DSR und 5D Mark II mit Canon 40mm f/2.8

Hier habe ich sowohl mit meiner alten als auch mit der Test-Kamera ein Bild aus genügend Abstand genommen, beide Bilder mit meinem Canon EF 40mm f/2.8 STM-Objektiv aus der Hand fotografiert. Mir wurde vorab gesagt, ich sollte die Faustregel „Belichtungszeit umgekehrt zur Brennweite“ mindestens verdoppeln, bei 40mm wären das 1/80s gewesen – ich habe beide Bilder mit 1/125s bei f/9.0 fotografiert. Bei grauem Himmel war dazu ISO 400 nötig, was aber in der Regel keine Probleme mit sich bringt.

In der Übersicht sehen beide Bilder natürlich gleich aus (bis auf den Bildausschnitt, der natürlich bei freihändigem Fotografieren nicht ganz übereinstimmt). Wenn man in ein Bild hereingeht, sieht man aber sehr schnell die Unterschiede. Schon wenn ich das Bild der 5DSR auf dieselbe Größe reinzoome wie das der Mark II bei 100%, erkennt man deutlich mehr Details in den Strukturen. Und dann kann man ja noch ein, zwei Mal näher herangehen.

Vergleich Detailschärfe von Canon 5DS R gegenüber 5D Mark II

Vergleich Detailschärfe von Canon 5DS R gegenüber 5D Mark II

Beim Anklicken des Bildes könnt Ihr es übrigens auch größer ansehen. Die Bilder sind ansonsten ohne weitere Anpassungen nur als RAW-Bilder in Lightroom importiert. Den Weißabgleich übernimmt Lightroom von den Kamera-Einstellungen, wobei hier die 5DSR eine etwas wärmere Einstellung gespeichert hatte als die 5D Mark II (ob das die Regel ist, kann ich allerdings jetzt nicht beantworten, dürfte aber auch nebensächlich sein).

Ich denke, wenn ein Bekannter dort oben auf dem Turm gestanden hätte, man könnte ihn tatsächlich erkennen! Und wie gesagt, es handelt sich um ein 40mm-Objektiv, also eigentlich ein leichtes Weitwinkel. Dieser Reichtum an Details hat mich echt umgehauen.

Ob ich an dieser Stelle erwähnen soll, dass die Details auch ihren „Preis“ haben (neben den Anschaffungskosten für die Kamera)? Ja klar: Die RAW-Dateien liegen im Bereich 60-70 Megabyte, eine JPG in voller Auflösung bringt schon mal 25 Megabyte mit sich. Also braucht man auch drei Mal so viel Platz auf der Speicherkarte und auf der Festplatte, vor allem aber auch drei Mal so viel Bearbeitungskapazität auf dem Rechner. Wer schon jetzt mit seinem Computer an der Grenze ist, der wird den Unterschied zweifellos spüren. Mein iMac mit 8 GB RAM und SSD als Hauptlaufwerk kommt mit der Dateigröße aber ganz gut klar, auch wenn die Vollansicht mal ein paar Sekunden länger lädt als gewohnt.

Bilddetails bei Porträt-Aufnahmen

Porträt mit der Canon 5 DS R und Canon 85mm f/1.8

Porträt mit der Canon 5 DS R und Canon 85mm f/1.8

In einer zweiten Testreihe wollte ich wissen, wie sich die zusätzlichen Pixel bei Porträts bemerkbar machen. Interessiert hat mich dabei vor allem auch, ob mit einem meiner Objektive Probleme zu sehen sein werden, weil die Objektiv-Leistung nicht für die 50 Megapixel ausreicht. Vor allem bei meinem 85mm f/1.8 (also die günstige Version und keines der offenblendigen teuren Objektive) hatte ich hier etwas Sorge.

Hier schon der Hinweis: Das Canon 17-40mm f/4, das 40mm f/2.8, das 85mm f/1.8, das 100mm Makro sowie das Sigma 70-200mm f/2.8 haben sich allesamt als brauchbar erwiesen. Vielleicht findet man unter wissenschaftlichen Bedingungen schlechtere Bildleistungen, aber ich konnte auch bei Voll-Ansichten nirgendwo einen Hinweis finden, dass eines meiner Objektive unbrauchbar werden würde.

Im Heimstudio habe ich kurz eine Reihe Selbstporträts angefertigt. Und ich muss die Models und Visagisten da draußen gleich warnen: Auf Euch wartet mehr Arbeit. Denn man sieht nun wirklich jede Pore und jedes noch so feine Haar. Gut, vielleicht entsteht die Arbeit dann doch eher für den Fotografen bei der Retusche, denn so fein kann man ja in der realen Welt gar nicht arbeiten, dass jeder kleines Pickel unsichtbar wird. 🙂

100% Ansicht Porträt

100% Ansicht Porträt

Hier übrigens ein 100%-Ausschnitt aus dem Porträt oben. Meine Wimpern sind nun wirklich nicht besonders dominant, aber mit ein bisschen Schärfe (hier mit Canon DPP als RAW-Entwickler) sieht man wirklich jedes kleinste Detail.

Das Bildrauschen bei schlechtem Licht

Testbild zum Bildrauschen bei ISO 2000

Testbild zum Bildrauschen bei ISO 2000

Da ich schon in der Nähe des ICC war, habe ich mir zum Testen bei schlechten Lichtverhältnissen den Ort gesucht, an dem nun wirklich grausame Bedingungen herrschen: Im Allgemeinen ist die – ja aus vielen Bildern sicher schon bekannte – Unterführung dort ausgesprochen dunkel, erhellt nur sehr ungleichmässig von den Deckenlampen. Unter diesen Bedingungen wird man in der Realität wohl (hoffentlich) nur sehr selten fotografieren müssen.

Unter diesen Bedingungen habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, das Schild im hinteren, sehr dunklen Bereich lesbar darzustellen. Nun habe ich in den letzten Monaten von meinen Berufskollegen ausgesprochen viel Gutes über die neuen Sony Systemkameras (insbesondere die Sony A7R Mark II und für Video die Sony A7S Mark II) gehört, die auch hin und wieder Bilder „direkt aus der Kamera“ gezeigt haben. Das Rauschverhalten auch bei höheren ISO-Werten scheint phänomenal gut zu sein. Allerdings habe ich keine dieser Kameras bisher benutzt, habe also keinen noch so subjektiven Vergleich, sondern lediglich Hörensagen.

Der erste Blick auf die RAW-Datei der 5DSR hat mich ein wenig frustriert: Die Bilder sehen (unbehandelt) schon ab ISO 1000 eindeutig verrauscht aus. Und zwar nicht wesentlich besser als die meiner sieben Jahre alten 5D Mark II. Ein Bild „direkt aus der Kamera“ könnte ich bei diesen Bedingungen also nicht verwenden.

Vergleich der Rauschreduzierung vom Original mit Lightroom und Canon DPP

Vergleich der Rauschreduzierung vom Original mit Lightroom und Canon DPP

Die gute Nachricht ist, dass man sehr viel Spielraum in der Bearbeitung hat. Auf Anraten eines Kollegen habe ich die RAW-Bilder testweise auch mit der hauseigenen Canon-Software Digital Photo Professional (DPP) 4.3 entwickelt, parallel dazu in meinem gewohnten Prozess durch Lightroom.

Die Erleichterung nach einigen Experimenten: Es ist alles vielleicht doch nicht so schlimm. Mit beiden Programmen konnte ich das Rauschen in den Griff bekommen. Grundsätzlich verliert man ja mit der Rauschunterdrückung immer ein wenig an Schärfe, aber ich habe einen – wie ich finde – guten Kompromiss zwischen Schärfe und Rauschen gefunden. In beiden Programmen sind die Schriften auf dem Hinweisschild deutlich und klar lesbar, ohne dass das Rauschen in den schattigen Bereichen dominant wirkt.

Nutzbare Bildgrösse 17 Megapixel bei ISO 2000

Nutzbare Bildgrösse 17 Megapixel bei ISO 2000

 

Jetzt kann man dazu natürlich noch die Macht der Megapixel nutzen: In der Praxis benötige ich nicht wirklich Bilder jenseits von 16 Megapixel. Darüber hinaus gehende Auflösungen sind allenfalls als Reserve nützlich, wenn man vielleicht mal eine Horizont begradigen möchte. Oder eben wie in diesem Fall, ein stärkeres Bildrauschen kaschieren will.

Mein persönliches Fazit: Heute zucken schon meine Mundwinkel, wenn ich mit der 5D Mark II ausnahmsweise mal mit ISO 1600 fotografieren „muss“. Das ist so gerade noch am Rande des Erträglichen, bedarf in der Regel aber einiges an Nacharbeit. Mit der 5DS R habe ich nach anfänglichen Zweifeln sehr schnell Frieden geschlossen. Wohl bis einschließlich ISO 3200 würde ich die Kamera für absolut tauglich halten. Vor allem, wenn als Endergebnis gar nicht unbedingt 50 Megapixel nötig sind, sondern wie bei mir im Normalfall 16 völlig ausreichen.

Der Autofokus

Für Fotografen, die bereits jetzt mit einer Canon 5D Mark III arbeiten, mag dies nicht so interessant sein, denn diese haben ja offenbar schon ein deutlich verbessertes Autofokus-System gegenüber meiner Mark II. Aus den Spezifikationen konnte ich auch keine Unterschiede zwischen der 5D Mark III und der 5 DS R herauslesen. Gegenüber meiner Mark II ist der Sprung aber gewaltig.

Mich hat der Autofokus meiner Kamera schon oft genug im Stich gelassen. Vor allem bei schlechteren Lichtverhältnissen ist er nicht selten zu langsam, und eigentlich ist von den neun vorhandenen sehr schnell nur noch der Fokuspunkt in der Mitte wirklich nutzbar. Das führt zu einem ständigen „Fokussieren, Komponieren“-Gewackle, wenn das Model oder Zielobjekt nicht in der Mitte des Bildes steht. Und wer dann auch noch mit offener Blende fotografieren will, merkt sehr schnell, dass die Bewegung zwischen Fokus und Komposition alleine oftmals schon zu viel ist, um die Schärfe wirklich am richtigen Punkt zu haben.

Autofokus Test mit der Canon 5DS R

Autofokus Test mit der Canon 5DS R

Damit wäre mit einer neuen 5D für mich definitiv Schluss. Denn von den 61 Fokuspunkten sind auch in den Seitenbereichen viele als Kreuzsensoren ausgelegt und damit deutlich zuverlässiger. Zudem kann man hier auch mit einer Gruppe an Fokuspunkten arbeiten.

In einem weiteren völlig unwissenschaftlich strukturierten Selbstversuch habe ich in schneller Reihe die Kamera auf die Säulen in der Unterführung beim ICC fokussieren lassen. Die sechs Bilder sind in insgesamt rund 20 Sekunden entstanden, wobei ich sehr selten (eigentlich nur beim ersten Bild) nach dem Fokussieren noch einmal die Kamera bewegen und neu komponieren musste. Denn danach waren alle Bildbereiche vom Autofokus-System abgedeckt. Ich konnte also mit nur leichten Daumen-Bewegungen einen neuen Fokuspunkt wählen und/oder die Kamera etwas bewegen und das nächste Bild machen.

In allen Fällen hat der Autofokus einwandfrei innerhalb kürzester Zeit die richtige Einstellung gefunden, und das Bild ist entsprechend an der richtigen Stelle scharf geworden. Mit meiner Mark II hätte ich hier bei jeder Säule mindestens drei Bilder geschossen, und bei jedem hätte die Kamera eine halbe oder auch mal eine ganze Sekunde gebraucht, um einen Fokuspunkt zu finden.

Fazit eines Tages

Für das Jahr 2016 habe ich die Investition in eine neue Hauptkamera vorgesehen. Der Test mit der 5DS R hat mir auf jeden Fall bei der Entscheidung geholfen. Sie bietet definitiv alles, was ich mir in den letzten Jahren an Verbesserungen gegenüber meiner 5D Mark II gewünscht habe. Ganz entschieden habe ich mich trotzdem noch nicht: Denn wenn ich die Unterschiede der 5DS R gegenüber der 5D Mark III ansehe, dann könnte ich vielleicht auch mit einer Mark III bereits glücklich werden und dabei rund tausend Euro sparen.

Doch als ich mir die Bilder nun mit zwei Wochen Distanz noch einmal angeschauen habe, glänzt es wieder in meinen Augen: Der Detailreichtum bei 50 Megapixel ist einfach ein Traum, egal ob es meine Leidenschaft als Städtefotograf oder meine kommerziellen People-Bilder betrifft, davon profitieren würde ich in jedem Bereich. Und wenn ich dann bedenke, dass ich auch schon einiges an guten Motiven „verloren“ habe, weil die Qualität bei 16 Megapixeln nicht ganz ausgereicht hat, dann könnte man die tausend Euro Differenz vielleicht sogar wirtschaftlich begründen. Oder auch, weil ich mich bei so einer Kamera dann wirklich nicht mehr während eines Shootings mit technischen Fragen und Grenzbereichen auseinander setzen müsste.

Der Gedanken an einen Systemwechsel zu Sony ist mir jedenfalls vorerst vergangen. Während eine A7R2-Kamera an sich auch noch im Rahmen meines Budgets läge, scheitert der Gedanken an den nötigen Objektiven. Zumal es für Sony – auch von Zeiss – kaum wirklich lichtstarke Objektive gibt, und die wenigen wie das Zeiss 24-70mm f/2.8 geradezu unbezahlbar scheinen. Per Adapter liessen sich zwar auch die vorhandenen Canon-Objektive nutzen, aber das erscheint mir dann auch wieder nur begrenzt sinnvoll. Den „Killer-Vorteil“ haben die Sony-Kameras für mich im Moment jedenfalls nicht, denn so oft werde ich wohl auch nicht bei ISO 12.800 fotografieren.

 

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